Libanon

Wie die USA ohne militärische Intervention ein Land übernahmen!

03.09. bis 05.10.2023 - Stop the WAR in Yemen - Germany zu Gast im Libanon
Märtyrerplatz in Beirut (Place des Martyrs)

„Wenn Ihr Land Russland, China oder dem Iran gegenüber freundlich ist, dann wendet die heutige amerikanische Regierung Subversion, Wirtschaftssanktionen an oder plant einen Staatsstreich, bzw. - wenn keines davon Erfolg haben könnte, ist ein Kriegsszenario für eine mögliche militärische Invasion und dauerhafte militärische Besetzung Ihres Landes möglich.“

(Quelle: Februar 2020 - Strategic Culture Foundation)

 

Wesley Clark -  4-Sterne General der US-Army 

Wesley Clark -  4-Sterne General der US-Army 2007 - Warum wir Syrien angegriffen haben
Wesley Clark - 4-Sterne General der US-Army 2007 - Warum wir Syrien angegriffen haben

Der Libanon - Eine Zusammenfassung

Stand: 09.10.2023

Auch wenn US-amerikanische Regierungen bisher im Libanon - wie von Wesley Clark 2007 beschrieben, nicht oder anders formuliert noch nicht eine direkte militärische Invasion gegen das kleine Libanon gestartet haben, ist die politische und wirtschaftliche Einflussnahme durch US-Repräsentanten im Libanon exorbitant. Laut Erzählungen von libanesischen Journalisten reicht die US-Einflussnahme von politischer und wirtschaftlicher Erpressung bis in die höchsten UN-Gremien hinein, dem das verarmte Land mit seiner seit 2020 nicht vorhandenen Regierung und Menschen nichts entgegen zu setzen haben.

 

"Der Libanon war einst als eine Nation bekannt, die sich über den sektiererischen Hass erhob; Beirut war als das Paris des Nahen Ostens bekannt. All das wurde durch sinnlose Religionskriege zunichte gemacht, die zum Teil von denen finanziert und ausgebeutet wurden, die nach Macht und Reichtum strebten. Wenn Frauen das Sagen gehabt hätten, wären sie dann vernünftiger gewesen? Es ist eine Theorie." (Roger Ebert, * 1942 - † 2013, US-amerikanischer Filmkritiker und Drehbuchautor)

(Dauer: 23:26)

 

Aktuelle Situation

Die Regierung tritt 2020 nach monatelangen Protesten gegen den Wertverfall der Währung, die Auswirkungen des Covid-19-Lockdowns und Unruhen nach einer massiven Chemieexplosion im Hafen von Beirut zurück. Die libanesische Wirtschaft befindet sich in einer Rezession, die als eine der schwerwiegendsten weltweit seit den 1850er Jahren gilt, da das Bruttoinlandsprodukt von 2018 bis 2021 um etwa 40 Prozent gesunken ist. Die Landeswährung, das libanesische Pfund, hat mehr als 95 Prozent seines Wertes verloren. Ein kleines Frühstück in Beirut kostete am 05.10.2023 ~350.000 LBP / 100.000 LBP = 6 EUR). Bis heute konnten sich die etablierten Parteien nicht auf eine neue Regierung einigen.

 

Kurze Historie, wirtschaftliche und geografische Bestimmung

Von 1516 bis 1918 ist der Libanon Teil des Osmanischen Reiches, 1920 - zwei Jahre nach dem 1. Weltkrieg, erteilt der Völkerbund Frankreich das Mandat für den Libanon. 1944 - 22 Jahre später und während deutscher Besatzung im 2. Weltkrieg, entlässt Frankreich den Libanon in die Unabhängigkeit.

 

Der Libanon, gelegen im Nahen Osten (Vorderasien) mit direkter Anbindung zum Mittelmeer (255 km) grenzt im Norden an Syrien und im Süden entlang der Blauen Linie an Israel. Die Gesamtfläche beträgt 10.450 km² und macht etwa die Größe von 2/3 des Bundesland Schleswig Holsteins in Deutschland aus.

 

Der Libanon hat ca. 5,5 Millionen Einwohner, beherberg jedoch (Stand 2020) mehr als 1.7 Millionen Flüchtlinge aus Palästina (~ 300.000), Syrien (~ 1 Mio.) und anderen Kriegsgebieten.

Vergleich: Deutschland mit seinen ~ 83 Mio. Einwohnern hat von 2015 bis März 2018 ca. 1,5 Mio. Flüchtlinge aufgenommen, war und ist dadurch gesellschaftspolitisch am Rand des "Machbaren".

 

Der Libanon besitzt keine Bodenschätze, produziert und exportiert kaum etwas und muss nahezu alles importieren, sogar Dinge wie Mehl oder Fleisch. Der einst stärkste Wirtschaftssektor Tourismus ist durch die beiden israelischen Kriege und letztlich die Corona-Pantemie um 80% geschrumpft. Eigentlich hängt das Land am Tropf der großen Mehrheit von Libanesen, die im Ausland arbeiten und Geld in die Heimat schicken. Allein im Jahr 2022 haben knapp 4.800 Libanesen nach Angaben von UNHCR das Land verlassen oder einen Asylantrag in anderen Ländern gestellt. In Deutschland leben ca. 1.700 Menschen libanesischer Herkunft.

 

Die Einflussnahme der USA in die inneren Angelegenheiten des Libanon

 

Eines der Ziele des US-Krieges gegen Syrien im Jahr 2011 war es, die Kommunikation der Halbmond-Achsenländer zwischen Iran, dem Libanon mit der Hisbollah und den Palästinensern zu unterbrechen. Stattdessen gelang es Syrien mit Hilfe Russlands und der Hisbollah die Takfiris (ISIS, Al-Nusra, Al-Qaida etc.) zu besiegen und befreite den größten Teil seines Landes. Der angedachte Takfiri-Staat (IS), der inoffiziell von den USA und verbündeten NATO- und EU-Regierungen sowie offiziell von einigen Golfstaaten unter Führung Saudi-Arabiens unterstützt wurde, fand somit in Syrien sein Ende. Die libanesische Armee konnte mit Unterstützung der Hisbollah 2017 den weiteren Sieg erringen, indem sie die Takfiris im Libanon besiegte, und das Projekt eines neuen Takfiri-Emirats verhinderte. Die Hisbollah wurde 1982 gegründet, als Israel seine Invasion gegen den Libanon begann. 

 

Alle geführten Kriege gegen den Libanon, sei es durch Israel oder durch die von den USA im Irakkrieg geschaffenen IS/Al-Qaida/Takfiri-Terrororganisationen, waren erfolglos. Kampagnen innerhalb des Libanon, die dazu führen sollten, dass sich die Libanesische Armee in interne Machtkämpfe verwickelt, scheiterten.

 

Die US-Regierungen begannen daher mit einem neuen Ansatz den Libanon zu schwächen. Mit Sanktionen und Blockaden trieben sie den Libanon durch Druck auf das Bankensystem und den Wechselkurs des libanesischen Pfunds in die Armut. Darüber hinaus bestimmen letztendlich die USA mit ihren westlichen Partnern, welche Waren und Güter der Libanon ein- bzw. ausführen darf und verhindern so, dass der Libanon sich mit Unternehmen aus Ländern wie Russland, China und dem Iran darauf einigen kann, in grundlegende Sektoren wie Strom, Wasser und andere Industrien zu investieren.

 

Zusätzlich missbrauchen die USA syrische Flüchtlinge als Waffe gegen den Libanon, indem sie Syrien finanziell und mit Hilfsgütern künstlich im Libanon halten und so die Rückkehr der Flüchtlinge in ihr angestammtes Land unterbinden. So wird der ohnehin schon geschwächte libanesischen Staat unter Druck gesetzt, der den Flüchtlingen Arbeit in verschiedenen Berufen ermöglichen und ihnen die notwendige Infrastruktur zur Verfügung zu stellen muss, trotz der wirtschaftlichen, sozialen und sicherheitstechnischen Belastungen, mit denen der Libanon insbesondere für seine eigenen Bürger zu kämpfen hat.

 

Die US-Amerikaner nutzten den Aufstand vom 17. Oktober 2019, der spontan aus der Not heraus entstand, als die Libanesen wegen dem sich abzeichnenden wirtschaftlichen und sozialen Verfalls sowie massiver Korruption der Eliten auf die Straßen gingen. Die amerikanische Botschaft arbeitete mit der von ihr finanzierten NGOs und Personen zusammen, die im Libanon Chaos anstiftete, sektiererische Auseinandersetzungen anzettelte, öffentliches und privates Eigentum angriff, Hauptstraßen blockierte, verfassungsmäßige Institutionen - insbesondere das Parlament angriffen und dann mit Sicherheitskräften zusammenstieß. In Beirut wurden u. a. auch das Teatro al-Kabir, das „Ei“ und die Kirche Saint-Vincent-de-Paul von Demonstrierenden gestürmt.

 

Der Regierungssturz versetzte das Land in die schlimmste wirtschaftliche und soziale Krise seit der Unabhängigkeit des Libanon von 1944. Die Ursachen der sozioökonomischen Krise beschränken sich jedoch nicht nur auf die US-amerikanische Einflussnahme im Libanon, sondern umfassen auch die grassierende Korruption im Staat auf allen Ebenen, einem konfessionellen Systems das die Täter schützt sowie die mangelnde Rechenschaftspflicht gegenüber einer ineffektiven und in Teilen korrupten Justiz.

 

Die politischen Entscheider, die selten die Interessen der eigenen Bevölkerung vertreten, haben den Libanon in ein Verbraucherland verwandelt. Die fehlende landwirtschaftliche, industrielle und lokale Produktion, also jene Ressourcen die eine Volkswirtschaft ausmachen, brachte die Libanesen in ein Dilemma, von dem es sich bis heute nicht erholt hat.

 

Um ihre Dominanz und Machteinfluss zu demonstrieren und den Menschen im Libanon zu zeigen, „ohne uns geht gar nichts“, bauen die USA im Beiruter Randviertel Awkar ihre neue Botschaft mit einer gigantischen Größe von etwa 174.000 Quadratmetern, was ca. 2,5-mal so groß wie das Gelände des Weißen Hauses in Washington ist. Welche Funktion dieses Gelände neben der "US-Botschaft" haben wird, bleibt wohl lange ein Geheimnis von CIA, NSA und Co.. 

 

© Twitter / U.S. Embassy Beirut - 05.05.2023
© Twitter / U.S. Embassy Beirut - 05.05.2023

 

Für die Libanesen mit gerade mal 5,5 Millionen Einwohnern, deren Leben von einer fremdgeleiteten Elite bestimmt wird, ist das eine deutliche Drohgebärde. Ein Kommentar unter dem Twitter-Beitrag (X) der US-Botschaft in Libanon, gibt Aufschluss darüber, was die Libanesen von den USA halten.

 

 

"Der Libanon wird keine amerikanische Kolonie sein, die ihr kontrolliert, um dem Feind (sic, Israel) Frieden zu bringen. Wir sind freie Menschen, die Würde und Ehre haben, selbst wenn einige wenige von uns eure Sklaven sind."

DIE BLAUE LINIE zwischen ISRAEL UND LIBAONON

Konflikt mit Israel - 1. und 2. Libanonkrieg

1982, im 1. Libanonkrieg, startet Israel eine umfassende Invasion gegen den Libanon und besetzt große Teile des Landes, Friedenstruppen aus den USA, Frankreich und Italien intervenieren.

 

2006, der 2. Israelische Libanonkrieg dauerte 33/34 Tage, wo Israel eine Niederlage gegen die Hisbollah-Kämpfer erleidet und schließlich komplett aus den besetzten Gebieten des Libanons abziehen muss. (2000) Ghajar ist eine Ortschaft mit 2.745 Einwohnern, deren nördliche Hälfte im Libanon liegt, während die südliche Hälfte zu den Golanhöhen gehört. Sie liegt nur wenige Kilometer westlich der umstrittenen Schebaa-Farmen und wenige Kilometer östlich von Bint Dschubail, der „Hauptstadt der Hisbollah“. Wegen der fortgesetzten völkerrechtswidrigen israelischen Besetzung von Nord-Ghajar kommt es regelmäßig zu militärischen Scharmützeln zwischen dem Libanon und Israel, bis heute.

 

Im Gegensatz zu den meisten früheren Konflikten war Israel diesmal nicht in der Lage, einen schnellen Sieg über die Hisbollah zu erringen.* Tatsächlich erlitt die IDF im Laufe der 33 Kampftage 121 getötete und 1.244 verletzte Soldaten, wobei über 20 ihrer furchterregenden Merkava-Panzer zerstört und Dutzende weitere durch improvisierte Sprengkörper und tragbare Panzerabwehrwaffen beschädigt wurden.

 

Den libanesischen Hisbollah-Streitkräften, die in den letzten Tagen des Konflikts bis zu 30 zu 1 zahlenmäßig unterlegen waren, wurden schätzungsweise 250 Kämpfer getötet, wobei Israel sein erklärtes Ziel, die Miliz zu zerstören oder zu degradieren, verfehlte. Der Krieg endete schließlich mit einem von den Vereinten Nationen vermittelten Waffenstillstand.

 

Gleichzeitig verursachten israelische Luft- und Artillerieangriffe direkten Kriegsschaden in Höhe von rund 2,8 Milliarden US-Dollar, wobei eine Million libanesische Zivilisten vertrieben wurden und bis zu 640 km Straßen, 73 Brücken und 31 weitere Ziele, darunter Flughäfen, Wasser- und Abwasseraufbereitungsanlagen sowie Elektrizitäts- und Brennstoffanlagen beschädigt oder zerstört wurden.

*Quelle: Sputnik vom 12.11.2023, Top 5 der mächtigsten Militärs im Nahen Osten

 

Die Blaue Linie deckt die libanesisch-israelische Grenze ab; eine Erweiterung deckt die libanesisch-golanische Grenze ab. Die Blaue Linie ist eine Demarkationslinie zwischen dem Libanon und Israel und dem Libanon und den Golanhöhen, die von den Vereinten Nationen am 7. Juni 2000 veröffentlicht wurde, um festzustellen, ob sich Israel vollständig aus dem Libanon zurückgezogen hatte. Es wurde beschrieben als: "vorübergehend" und "keine Grenze, sondern eine "Rückzugslinie".

 

DIE BLAUE LINIE, eine Videoproduktion von Stop the WAR in Yemen vom 04.10.2023, Dauer: 12:21)

 

Am 19. März 1978 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Resolutionen 425 und 426, die den israelischen Rückzug aus dem Libanon nach seiner jüngsten Invasion und die Wiederherstellung der wirksamen Autorität der libanesischen Regierung im Grenzgebiet forderten. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und die NATO haben die Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon (UNIFIL) als Friedenstruppe zur Überwachung der Lage im Südlibanon eingerichtet.

DIE BLAUE LINIE zwischen ISRAEL UND LIBAONON nach UN-Resolution 425
DIE BLAUE LINIE zwischen ISRAEL UND LIBAONON nach UN-Resolution 425

 

Bis September 2018 stellte Israel 11 Kilometer einer Betonbarriere zwischen Israel und dem Libanon auf der israelischen Seite der Demarkationslinie fertig, um israelische Gemeinden vor der Infiltration durch militante Hisbollahs zu schützen. Die Länge der Barriere soll 130 Kilometer (81 Meilen) betragen und sollte bis 2020 abgeschlossen sein. Das Projekt wurde voraussichtlich 450 Millionen US-Dollar kosten. Der größte Teil der Barriere ist eine Betonwand, die von Stahlgittern, Sensoren und Überwachungskameras überragt wird. In besonders rauen Gebieten werden Stahlzäune anstelle von Beton verwendet.

(Quelle: WikiBrief – Die Blaue Linie)

 

Mleeta Resistance Landmark – Lebanon

Wahrzeichen des Mleeta-Widerstands - Libanon

 

Mleeta Resistance Landmark – Lebanon
Mleeta Resistance Landmark – Lebanon

 

Auszüge aus der Rede des Generalsekretärs der Hisbollah, Sayyed Hassan Nasrallah

25. Mai 2000

"Brüder und Schwestern, an diesem Tag des Widerstands und der Befreiung, an diesem historischen und siegreichen Tag, treffen wir uns hier, inmitten des befreiten und zurückgekehrten Landes, um erneut zu beweisen, dass das Blut über das Schwert triumphiert; unser Blut hat das Schwert besiegt, die Fesseln zerbrochen und die Tyrannen und Aggressoren blamiert.

 

Wir sind hier zusammengekommen, um den Sieg des Märtyrertums und des Blutes zu feiern. Wenn wir von diesem Sieg, der Befreiung des Landes, der Freiheit des Menschen, der Würde des Landes und dem Stolz der Nation sprechen, müssen wir all derer gedenken, die zu seiner Verwirklichung beigetragen haben. An alle meine libanesischen Mitbürger: Betrachtet diesen Sieg als einen Sieg des gesamten libanesischen Volkes, nicht einer Partei, Fraktion oder Organisation gegen eine andere.

Wer das glaubt oder sagt, der irrt sich.

 

Dies ist ein libanesischer Sieg, und dieser Widerstand war und wird weiterhin eine Quelle der Kraft für unser Heimatland sein. Dieses Israel, und das verspreche ich, ist zerbrechlicher als ein Spinnennetz."

(Quelle: Tafel Widerstandspark Mleeta)

(Eine Doku von Stop the WAR in Yemen / Dauer: 01:11:33)

Mathias Tretschog - Freie Presse News & Stop the WAR in Yemen